Messgrößen der Radioaktivität (2024)

Wenn Atomkerne zerfallen, entstehen verschiedene Arten von Teilchenstrahlung und elektromagnetischer Strahlung, deren Menge, Energieinhalt und biologische Wirksamkeit von Element zu Element, von Strahlungsart zu Strahlungsart unterschiedlich ist. Je nachdem, welche Aussagen man über das radioaktive Material machen möchte, verwendet man dabei unterschiedliche Messgrößen mit ihren Maßeinheiten.

Dosis: Gray

Doch mit der Messung der Aktivität kann man noch wenig über die Energie aussagen, die durch die Radioaktivität abgegeben wird. Je nachdem, welches Isotop zerfällt, handelt es sich bei der abgegebenen radioaktiven "Strahlung" um so genannte Alphastrahlung (das sind ausgestoßene Heliumkerne) oder Betastrahlung (hier werden Elektronen oder Positronen aus dem Kern ausgestoßen). Meist tritt praktisch zeitgleich mit der Alpha- oder Betastrahlung auch Gammastrahlung auf. Das ist elektromagnetische Strahlung sehr hoher Energie, weit kurzwelliger und pro Gamma-"Teilchen" energiereicher als z.B. Röntgenstrahlung.

Alpha-, Beta- und Gammastrahlung unterscheiden sich in ihrem Energieinhalt und in ihrer Reichweite. Alphastrahlung beispielsweise kommt in der Luft nur wenige Zentimeter weit, Betastrahlung schafft es auf einige zehn Zentimeter. Die Gammastrahlung hingegen wird erst in fester Materie nennenswert aufgehalten, zur Abschirmung ist zum Beispiel Blei mit einer Dicke von mehreren zehn Zentimetern notwendig.

Wie viel Energie radiaoktive Strahlung in einem Kilogramm Gewebe abgibt, nennt man "Strahlendosis", sie wird mit der Einheit "Gray" angegeben. Ein Gray ist die Energiedichte von einem Joule pro Kilogramm Körpergewicht.

Biologisch gewichtete Dosis: Sievert

Umgekehrt zur Reichweite ist die Wirkung der Strahlung im menschlichen Körper. Eben weil Alphastrahlung sehr viel Energie auf einer kurzen Strecke abgeben kann, werden Zellen oder das Erbgut von Alphastrahlen stärker geschädigt als von Betastrahlen. Gammastrahlen, die ja durch den Körper hindurchgehen, geben verhältnismäßig wenig Energie ab. Zu Zerstörungen in den empfindlichen Zellen von Lebewesen führen sie aber auch.

Diese unterschiedliche biologische Wirksamkeit wird mit Korrekturfaktoren je nach Art der Strahlung bestimmt. Die Einheit für die biologisch gewichtete Strahlendosis - die Äquivalentdosis - ist das Sievert, abgekürzt Sv. 1 Sv ist dabei schon eine sehr große Dosis, daher wird häufig in Einheiten von tausendsteln Sievert, also Millisievert, mSv, gemessen.

Der natürliche Hintergrund

Auch ganz ohne Kernkraftwerke oder Atombombenversuche kommt es in unserer natürlichen Umgebung zu radioaktiven Zerfällen und entsprechend zur Aufnahme radioaktiver Dosen. Der natürliche Strahlungshintergrund liegt in Deutschland je nach Region zwischen 0,6 Millisievert pro Jahr (mSv/a) in der norddeutschen Tiefebene und über 1,2 mSv/a in den Mittelgebirgen.

Selbst aus dem Weltall erreicht uns radioaktive Strahlung - in Form von kosmischer Strahlung. Auf Meereshöhe entspricht diese Strahlung etwa 0,3 mSv/a, doch schon in der Flughöhe von Flugzeugen, also auf etwa zehn Kilometern Höhe, ist die kosmische Äquivalenzdosisleistung etwa einhundert Mal so groß.

Die Strahlenbelastung bei der medizinischen Diagnostik ist besonders bei aufwändigen Röntgenuntersuchungen hoch. Eine einzige Computertomographie kann etwa so viel Strahlenbelastung erzeugen wie die natürliche Strahlenbelastung in zehn bis 50 Jahren.

Grenzwerte

An der natürlichen Strahlenbelastung kann man nichts ändern. Beeinflussbar - und damit durch Grenzwerte regulierbar - ist die Strahlenbelastung durch technische Anlagen.

Erwachsene, die durch ihre Arbeit radioaktiver Strahlung ausgesetzt sind, dürfen in fünf Jahren nicht mehr als 100 mSv aufnehmen, wobei in einem einzelnen Jahr nicht mehr als 50 mSv erreicht werden dürfen. Das entspricht etwa dem 20-fachen der natürlichen Strahlenbelastung.

Für alle anderen Personen gilt, dass durch technische Anlagen oder künstlich eingebrachte radioaktive Stoffe pro Jahr maximal 1 mSv Äquivalenzdosis aufgenommen werden dürfen.

Diese Grenzwerte sind in der EU-Vorschrift96/29/EURATOMgeregelt.

Gefährliche Einzeldosis

Während es bei der langsamen und langfristigen Aufnahme geringer Strahlendosen schwierig ist, genaue Ursache-Wirkung-Beziehungen herzustellen, sind bei schweren Unfällen mit großer Aufnahme von Strahlung die Effekte bekannt und leider auch in der Praxis beobachtet worden:

Bei der kurzzeitigen Aufnahme von hohen Dosen radiaktiver Strahlung sind schwere Schädigungen des Gewebes bis hin zum Tod unausweichlich, wie die folgende Tabelle zeigt.

Dosis

Wirkung

1-6Sv

Einige Stunden nach der Bestrahlung kommt es zu Übelkeit und Erbrechen, ab 3 Gy zu Haarausfall; die Überlebensprognosen sind noch gut.

5-20Sv

Schon ab einer Viertelstunde nach Bestrahlung kommt es zu Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und getrübtem Bewusstsein. Ab 15 Gy bestehen kaum Überlebenschancen.

mehrals20Sv

Es kommt praktisch sofort zum Versagen des zentralen Nervensystems und des Herz-Kreislauf-Systems mit Schock, Krämpfen und Bewusstlosigkeit. Nach spätestens zwei Tagen tritt der Tod ein.

Nach:Bundesamt für Strahlenschutz

Die Gefahr von innen

Alpha- und Betastrahlung wird schon durch die obersten Hautschichten abgeschirmt. Nur Gammastrahlung kann tief in den Körper eindringen. Richtig gefährlich wird es jedoch, wenn radioaktive Stoffe selbst in den Körper gelangen und so von innen strahlen können. Viele Stoffe wie radioaktives Jod-131 werden vom Körper aufgenommen und können so für lange Zeit direkt das angrenzende Gewebe schädigen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/implantate-und-prothesen/messgroessen-der-radioaktivitaet/

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